Überblick Antidiskriminierungsarbeit

Im Jahr 2017 wurden von der Bundesregierung 950 Angriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen registriert, 2018 lag diese Zahl bei 824 erfassten Fällen. Mit der Aufnahme des Kriteriums Islamfeindlichkeit in die Kriminalstatistik ist seit 2017 dieses Phänomen greifbarer geworden. Hinzu kommen neben diesem Hellfeld noch eine Anzahl von nicht gemeldeten und nicht erfassten Fällen. Bereits die vorhandenen Zahlen zeigen jedoch, dass das Phänomen der Islam- und Muslimfeindlichkeit als eine besondere Form der GMF nicht vernachlässigt werden kann.

Studien und Umfragen zeigen ebenfalls, dass Islam- und Muslimfeindlichkeit auch in den nächsten Jahren ein bleibendes Phänomen und die tatsächliche oder angenommene Zugehörigkeit zur Religion des Islam als Diskriminierungsmerkmal relevant bleiben wird. Die Leipziger Mitte-Studien geben diese Entwicklungen ebenfalls wieder: „Nun wird (vordergründig) nicht mehr biologisch argumentiert, sondern die vermeintliche Rückständigkeit der islamischen Kultur thematisiert“ (Decker et al. 2015:57). Mittlerweile haben sich auf unterschiedlichen Ebenen Träger und Projekte der Auseinandersetzung mit Islam- und Muslimfeindlichkeit gebildet. Unser Demokratie-Leben gefördertes Projekt “TakePart – Partizipativ gegen antimuslimischen Rassismus” (2016 bis 2019) gehört zu diesen Bemühungen.

Im Rahmen dieses Projekts hat sich gezeigt, dass eine Sensibilisierung und Empowerment von Multiplikatoren in diesem Themenbereich mit der Herausforderung zu kämpfen hat, dass zwar über das Phänomen aufgeklärt und Empowermentmethoden entwickelt werden. Es gibt jedoch weiterhin kaum Strukturen, die eine niedrigschwellige Beratung der Betroffenen anbieten können.

In einer Expertise der “CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit”, einem durch Demokratie Leben! geförderten Projekt im Bereich Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus, wird festgestellt, dass es bundesweit überhaupt nur sehr wenige Beratungseinrichtungen mit dem Fokus auf Islam- und Muslimfeindlichkeit gibt: “Im Rahmen der Umfeldanalyse wurden insgesamt 98 Träger identifiziert, deren Tätigkeitsbereich im weitesten Sinne diesem Themenfeld zuzuordnen ist. Neun der erfassten Träger sind Akteur*innen mit einer Gesamtausrichtung oder zumindest mit einer Abteilung für den Tätigkeitsbereich IF/AMR.” (Güvercin/Karahan, Akteure und Herausforderungen, S. 7). Von diesen neun Trägern bieten wiederum nicht alle Beratungen an.

Neben der Beratung der Betroffenen bedarf es aber auch eines anderen Zugangs zu staatlichen Akteuren, die im alltäglichen Verwaltungshandeln mit Muslimen zu tun haben. Im Rahmen von TakePart hat sich gezeigt, dass der Versuch einer institutionellen Sensibilisierung oftmals am Widerstand gegen einen angenommenen Rassismusvorwurf gegenüber “der” Verwaltung nicht greift. Stattdessen bedarf es eines Zugangs, der die Verwaltung in der Auseinandersetzung mit Islam- und Muslimfeindlichkeit nicht als Opponenten begreift, sondern als Partner mit in diese Auseinandersetzung aufnimmt.

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